Interview mit Heiko Mittelstädt

Interview mit Heiko Mittelstädt

mit freundlicher Genehmigung von trailsforever.de

Heiko ist Teil der „DIMB“ und „Open Trails“. Er beschäftigt sich schon länger mit der Gesetzeslage auf unseren Singletrails.

heikoHeiko Mittelstädt

Heiko, erklär dem Leser doch bitte die aktuelle Situation zur 2m-Regel, sowie die Auslegung des Begriffs „Geeignete Wege“.

In §37.3 des Landeswaldgesetzes von Baden-Württemberg wird das Radfahren nur auf geeigneten Wegen über 2 Meter Breite erlaubt. Dies ist für Mountainbiker eine weitreichende Einschränkung, weil wir aus Umfragen wissen, dass die überwiegende Mehrheit der Biker gerne Singletrails befährt.

Baden Württemberg ist das einzige Bundesland mit so einer weitreichenden Einschränkung und wir sehen die Regelung als verfassungsrechtlich bedenklich an. Wir haben deshalb 2013 eine Petition mit 58.000 Unterschriften eingereicht, die leider abgelehnt wurde. Die Regierung bietet, an einzelne Wege speziell für Biker auszuweisen. Dieser Vorschlag ist aber extrem bürokratisch und wird den Bedarf nicht decken können. Momentan existieren in BaWü 150km speziell ausgewiesener Singletrails, von denen wir wissen, dass die meisten davon nicht attraktiv sind.

Das Ministerium hat einen runden Tisch mit den Spitzenverbänden aus Forst, Jagd, Naturschutz und Erholung eingerichtet, in welchem wir uns regelmäßig austauschen. Hier hoffen wir mit unserem Anliegen der Wegeöffnung weiter zu kommen.

Der Begriff des „geeigneten Weges“ findet sich in vielen weiteren Landeswaldgesetzen. Er wurde eingeführt um den Grundbesitzer vor einem Haftungsanspruch zu bewahren. Stürzt ein Radfahrer, so war der Weg im Zweifel eben ungeeignet zum Radfahren und er kann sich nicht gegenüber dem Grundbesitzer auf den Zustand des Weges berufen. Die Eignung eines Weges wird also am persönlichen Fahrkönnen festgemacht. Kann ich einen Weg fahren, dann ist er auch geeignet. Kann ich ihn nicht fahren, dann ist er für mich persönlich ungeeignet.

Leider wird seitens der Forstverwaltungen immer wieder versucht zu definieren wann ein Weg geeignet ist. Es wird behauptet, nur Forststraßen wären zum Radfahren geeignet. Diese Auslegung ist unserer Meinung nach falsch und beschränkt Radfahrer in unzulässiger Weise.

Teilweise wird mit Argumenten des Naturschutzes gegen MTB`ler vorgegangen. Auf mich wirkt das sehr heuchlerisch in Anbetracht der Tatsache, welcher Raubbau an der Natur betrieben wird.

Beispielsweise sind 70% der Deutschen Waldböden verdichtet, aufgrund der schweren Forstmaschinen. Die Regeneration von Waldböden dauert Jahrzehnte. Ein Wald kann nur so gesund und stabil sein, wie der Boden auf dem er wächst. Findest du, dass wir MTB`ler uns überhaupt bzgl. Naturschutz-Argumenten rechtfertigen müssen ?

Wir sollten uns in der Diskussion vor allem auf das beschränken was wir machen. Es ist in zahlreichen Studien belegt, dass wir weder auf das Wild noch auf die Vegetation eine wesentlich andere Auswirkung haben als Wanderer. Im Gegensatz zum Wanderer dürfen wir nur auf Wegen fahren, was bedeutet, dass das Wild in seinen Rückzugsräumen nicht gestört wird. Mit unseren „Trailrules“ fordern wir die Mountainbiker auf, sich bewusst naturverträglich zu verhalten und das Wegegebot zu beachten.

Ein Naturschutzargument gegen die Mountainbiker anzuführen ist nicht mehr begründbar und dies wissen auch die Vertreter des Naturschutzes. Da wir zumeist direkt mit dem Rad ab der Haustüre losfahren, ist unser ökologischer Fussabdruck sogar geringer, als der des Wanderers, der mit dem PKW anreist und zusätzlich Parkraum braucht.

Auch die Belastung der Wege ist vergleichbar mit der des Wanderers. Wir halten mit unseren „Trailrules“ die Mountainbiker auch dazu an bodenverträglich zu fahren und keine Spuren zu hinterlassen.

Oft ist es aber nur die Sichtbarkeit von Reifenspuren, die dem Wanderer schon nicht gefällt. Ein echter Schaden entsteht dabei aber nicht. Bei Wegen kann man auch nicht mit dem Naturschutz argumentieren, da ein Weg ein Kulturgut ist, der schon per se einen Eingriff in die Natur darstellt. Bei sehr hoher Frequentierung benötigen Wege von Zeit zu Zeit Pflege. Hier sind wir bereit mit den Wanderverbänden zusammen zu arbeiten, sobald wir die Wege offiziell benutzen dürfen.

Wie die Methoden der Forstwirtschaft zu betrachten sind ist für uns als Mountainbikeverband nicht unser Kernthema. Wenn aber im Zuge der Forstwirtschaft attraktive Wege zerstört oder aufgeschottert werden, dann ist dies ein Eingriff in die Erholungsfunktion, die der Wald der Bevölkerung liefern soll. Hier beziehen wir Stellung und fordern den Erhalt der naturbelassenen Pfade.

Denkst du, dass illegale Strecken den Druck auf „Lokal-Politiker“ und Verwaltungen erhöhen, damit diese sich dem Thema Mountainbike stellen? Wie bewertest du die Tatsache, dass der Borderline-Trail in Freiburg anfangs ohne Genehmigung errichtet wurde, und erst im Nachhinein eine Legalisierung erfuhr (ähnlich in Stuttgart und Balingen-Weilstetten)?

Zunächst einmal vertritt die DIMB die Position, dass Radfahren nur auf Wegen stattfinden soll. Der illegale Streckenbau bedeutet einen Eingriff in die Natur und in die Eigentumsrechte. Dies kann empfindliche Strafen oder Kosten für den Rückbau nach sich ziehen. Diesem hohen Riskio sollten sich Trailbauer bewusst sein. In der Presse werden illegale Strecken auch leider oft dazu verwendet pauschal negativ über alle Mountainbiker zu berichten, obwohl diese nur von einem kleinen Teil der Biker genutzt werden.

Auf der anderen Seite sehen wir den Bedarf nach eigens gebauten Strecken und unterstützen diese mit unserem Programm „Legalize Freeride“. Wir geben Handlungsempfehlungen wie die Genehmigung und der Betrieb einer solchen Strecke funktionieren kann.

Leider sind die behördlichen Verfahren oftmals sehr langwierig. Wenn man, wie in Stuttgart, die Biker über 10 Jahre vertröstet, dann schwindet das Vertrauen und es entsteht der Wildwuchs, mit dem beiden Seiten nicht geholfen ist.

Es sollte so unkompliziert funktionieren wie in Weilstetten. Hier haben Forst und Biker vorbildlich zusammengearbeitet. Könnten Biker darauf vertrauen, dass sie beim Forst Gehör finden, dann würden die illegalen Strecken erst gar nicht entstehen.

Es gibt so einen Spruch: „ wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit“.

Meinst du, dass die Politik langfristig überhaupt eine andere Wahl hat, als sich dem Thema zu öffnen? Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass immer mehr Bikes verkauft werden und der Bedarf nach Trails steigt.

Die Politik hat sich schon jetzt dem Thema geöffnet. Wir sehen dies an den vielen Medienberichten oder den aktuellen Wahlprogrammen. Leider ist die Idee der Politk aber, dass Mountainbiker nur auf vorher definierten Wegen unterwegs sein dürfen. Die Möglichkeit der Reglementierung erscheint vielen Politikern verlockend. Dazu kommt, dass die Lobbygruppen aus Wanderern, Forst, Jagd und Waldbesitz noch einen gehörigen Einfluss haben.

Wir würden uns wünschen, wenn die Politik den Bürgern mehr Selbstverantwortung zutraut. Im Bundeswald- und im Bundesnaturschutzgesetz ist geregelt, dass Radfahren auf Wegen zulässig ist. Das sollte die Richtschnur sein. Einschränkungen sollten nur da gezielt vorgenommen werden, wo es notwendig ist. Nur dann sind Verbote auch einsichtig.

Die gelebte Praxis seit vielen Jahren in Baden-Württemberg zeigt, dass die 2 Meter Regel ignoriert wird. Größere Konflikte oder gar Gefährdungen sind weitestgehend unbekannt. Einige wenige Einzelfälle können nicht zur Begründung herangezogen werden.

Politiker, die weiterhin behaupten, dass sich „die 2 Meter Regel bewährt hat“, waren offenbar noch nie im Wald unterwegs.

Hinweis:
Das Interview ist eine Kopie der Webseite  trailsforever.de / Trailsforever bei Facebook
Wir bedanken uns für die freundliche Genehmigung dieses hier ebenfalls veröffentlichen zu dürfen.